Originaltext in "Esoterik Heute" 1996 (siehe Presse):
copyright: Helmut Schubert.
TAI CHI CHUAN
der alte authentische Yang Stil
die taoistische Meditation
In den beiden letzten Ausgaben der Esoterik Heute habe ich die
taoistische Massage und Tai Chi Chuan die Meditation in der Bewegung
vorgestellt. In diesem Heft geht es um die sitzende taoistische Meditation.
Der Volksmund spricht vom kühlen Kopf vom klaren Verstand, vom
Denken mit dem Herzen oder aus dem Bauch heraus. Der eine Mensch
ist mitfühlend und sanftmütig und gut ein anderer gierig, hinterhältig, und
gemein. Wir sprechen von Herzenswärme und Gefühlskälte. Oft sind wir
nie eines allein, sondern unterliegen dem gesamten Spektrum des
aufgelisteten. Es gibt aber gewisse grundlegende
Verhaltenseigenschaften eines Menschen, die seinen Charakter
ausmachen. So als würden wir uns bevorzugt immer auf eine
liebgewordene gelernte und auch anerzogene Wellenlänge einstimmen
und in ihr schwimmend in der Welt agieren.
Die Meditation kann uns helfen, diese Gewohnheiten zu ändern.
Meditation bedeutet in der Mitte sein. In unseren tieferen
Bewußtseinsschichten fernab von den vielen Energiebewegungen des
Oberflächenbewußtseins, die sich als ineinander verwobene Gedanken
und Gefühle äußern herrscht eine große Ruhe und glückliche
Zufriedenheit. Das Bewußt Sein kann in sich selbst versinken.
Wie meditiert man ?
Welche Voraussetzungen gibt es?
Welche Übungen muß man beherrschen?
Ein wesentlicher Bestandteil der Meditation ist eine ausgewogene
Körperhaltung am Boden. Patanjali ein großer Yogi Indiens hat einmal
gesagt: Um sich in der Meditation zu üben, reicht die perfekte
Beherrschung nur einer Haltung (Asana) aus. Nur um diese eine Haltung
perfekt zu beherrschen ist es notwendig hunderte andere zu üben, die
diese eine vorbereiten.
Die Vorbereitung des Körpers.
Bei vielen scheitert der Versuch zu meditieren schon an der unbequemen
Stellung am Boden. Die Beine und der Rücken schmerzen und lassen
eine gewisse Entspannung gar nicht zu.
Der Sinn der Körperübung ist es, den Körper vorzubereiten. Die Sehnen
zu dehnen, die Muskeln zu lockern. Durch Übung wird die Wirbelsäule
stark wie einen Baum. Nur ein gesunder Baum trägt gute Früchte sagt
der Volksmund. Dieses Bild gilt in Asien im übertragenden Sinn auch für
den Menschen. Die Wirbelsäule ist der Lebensbaum, der wenn er gesund
und stark ist gute Früchte trägt, das heißt die inneren Organe und das
Nervensystem und das Gehirn sind vital und leistungsfähig.
Konzentration
ist die Vorstufe zur Meditation
Die Konzentrationshaltung (des Körpers)
Konzentration ist in der Rückenlage nicht möglich,weil die Energien nicht
aufsteigen können, wenn der Mensch ausgestreckt liegt. Die liegende
Haltung ist eine Entspannung und Regeneration. Man kann sich ganz
hingeben und träumen.
Konzentration erfordert den gekreuzten Sitz am Boden oder den
Fersensitz, weil so die Energien der Lebenszentren in den Fußsohlen
dichter an denen des Bauches sind. Die Gesamtenergie wird verstärkt
und die Blutzufuhr im Unterbauch vermehrt. Die Sitzhaltung am Boden
fördert die Wachheit und kräftigt den gesamten Menschen.
Die Konzentration braucht eine Haltungsform, die einem gespannten
Bogen gleicht. Auf diese Weise hilft der Körper mit den Geist zu erfassen
und zu sammeln.
Diese innere Haltung der konzentrierten Aufmerksamkeit wie eine
gespannte Feder führt zum Dahinfließen in der Meditation. Auch hier
erfüllt sich das Prinzip von Yin und Yang. Das Yang des konzentrierten
Geistes findet seine Erfüllung im Sich-Loslassen und Sich-Ausweiten.
Die Haltung des Geistes
"Auf eins gerichtet" sagte der große Mystiker Meister Eckehard. Wenn der
Verstand wach ist und aufmerksam kann er auf eine Sache ausgerichtet
werden zum Beispiel den Atem. Die Ausrichtung des Bewußtseins auf
einen Punkt setzt ein starkes Meridiansystem voraus in dessen Energien
es keine Schwankungen und Disharmonien gibt. Sonst ist es nicht
möglich den Punkt zu halten. Konzentration erweckt psychische
Energien, die wenn sie frei fließen können, zu einem warmen und
lebensvollen Strom werden und das Bewußtsein ausdehnen. Man fühlt
sich geborgen als ein Teil des Ganzen. Wenn die Meridianbahnen aber
verschlackt sind und nicht von der Konzentration ergriffen werden
können, beginnt der Übende zu träumen oder zu schlafen.
Die Bedeutung des Tai Chis für die Meditation
Körper und Geist kommen durch die langsame und fließende Bewegung
des Tai Chi zur Ruhe. Der Atem wird tief und gleichmäßig, das Chi reinigt
und öffnet die Meridiane. Körper und Geist werden auf den Strom des
Chis ausgerichtet. Wenn die gespannte und wache Aufmerksamkeit bei
den Bewegungen, dem tan tìen und dem Chifluß bleibt, entsteht immer
wieder der Zustand der Meditation das Selbstvergessen im Strom der
Lebenskraft.
Die gleiche innere Haltung setzt sich im Meditationssitz fort. Nun ist auch
der Körper der in der Bewegung bereits ruhte ganz zur Ruhe gekommen.
Der Chifluß setzt sich aber im Zusammenspiel mit dem Atem fort.
Die Meditationspraxis
Jetzt bitte ich Sie mit mir eine Übung zu machen.
Setzen Sie sich mit gekreuzten Beinen auf ein Polster auf den Boden.
Durch das Sitzpolster wird Ihre Lendenwirbelsäule gerade gerichtet und
die Knie liegen etwas tiefer.
Richten Sie den Rücken auch im Bereich der Brust- und Halswirbelsäule
gerade, schließen die Augen und fühlen Ihren Körper von Innen. Wie fühlt
sich der Sitz auf dem Boden an?
Spüren Sie das breite Fundament bestehend aus den Beinen und dem
Gesäß.
Entspannen Sie die Bein- und die Gesäßmuskeln. Spüren Sie das
Becken und den Bauchraum.
Nehmen Sie die Wirbelsäule wahr, die wie ein Stamm nach oben wächst.
Lassen Sie in den Schultern los und spüren Sie den Brustraum.
Nehmen Sie die Kopf wahr, der von der Halswirbelsäule getragen wird,
entspannen Sie das Gesicht, Augen und Mund. Sie können den Mund
auch leicht öffnen aber legen Sie die Zungenspitze an den oberen
Gaumen, um das Lenkergefäß in der Wirbelsäule mit dem Dienergefäß
auf der Körpervorderseite zu verbinden. Ein entspannter Unterkiefer
erleichtert das Einsinken in den Bauchraum. Lauschen Sie dann auf den
ruhigen Strom Ihres Atems und lassen Sie Ihre Aufmerksamkeit in den
Unterbauch sinken.
Nach 5 - 10 Minuten werden Sie ausgeruht, gekräftigt und erfrischt diese
Übung beenden. Öffnen Sie langsam die Augen, nehmen Sie
aufmerksam und wach den Raum in dem Sie sitzen wahr.
(Hinweis: Wenn Ihnen in der Sitzhaltung am Boden ein Fuß einschläft,
heben Sie einfach das dazugehörige Knie etwas hoch. Nach wenigen
Sekunden, werden Sie spüren wie die Durchblutung angenehm
zurückkehrt. Sie haben auf einer blutzuführenden Ader gesessen. Die
Sitzhaltung sollte niemals unangenehm sein oder schmerzen. Wenn dies
der Fall ist sollten Sie Körperübungen machen, um diese Beschwerden
zu beheben).
Ausblick: Meditation im Alltag
Da Tai Chi Chuan ein Übungssystem in der Bewegung ist, eignet es sich
hervorragend, eine meditative Grundhaltung im den Alltag zu etablieren.
Zum Tai Chi Unterricht gehören: die taoistische Massage, das meditative
Stehen, die taoistischen Entspannungs- und Kräftigungsübungen: Qi
Gong, die Meditation in der Bewegung: Tai Chi Chuan, die Meditation im
Sitzen: taoistische Meditation, und das pushing hands: tui shou (eine
Partnerübung). Meditativ ist jeder der genannten Übungsinhalt. Die innere
Haltung der Wachheit und Aufmerksamkeit und die äußere Haltung der
gerade gerichteten Wirbelsäule, im Lendenbereich durch das Einsinken in
den Knien, die Sammlung im Unterbauch (tan t`ien) ist immer gleich.
Durch dieses große Spektrum an unterschiedlichen Aktivitäten wird sich
eine meditative Grundhaltung umso sicherer manifestieren, im Vergleich
zur rein sitzenden Meditationsübung. Alle genannten Elemente helfen den
Körper zu kräftigen, das Meridiansystem zu entwickeln und schaffen so
die Voraussetzung für die Fähigkeit zur geistigen Konzentration und
Meditation die bereits während der Ausübung der einzelnen Praktiken
präsent sind.
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